Wertschätzende (Gewaltfreie) Kommunikation am Beispiel „Feedback-Gespräch“

Bedürfnisse im Dialog richtig kommunizieren – das ist die Leitidee des von Marshall Rosenberg, ein Schüler Carl Rogers, erdachten Konzepts „Gewaltfreie Kommunikation“ (GFK), auch sinnvollerweise besser „Wertschätzende Kommunikation“ genannt.
Die gelebte Kommunikation auf Basis dieses Konzeptes begründet eine empathische Grundhaltung auf Augenhöhe.

Wertschätzende Kommunikation kann grundsätzlich in allen Konflikten angewendet werden – bei familiären Unstimmigkeiten oder auch bei diplomatischen Auseinandersetzungen.

Rosenberg fasst das Konzept so übersichtlich zusammen:
„Wenn ich <BEOBACHTUNG> sehe, dann fühle ich <GEFÜHL>, weil ich <BEDÜRFNIS> brauche. Deshalb möchte ich jetzt gerne <BITTE>.“
Dieses Grundmuster hilft beim Üben der erforderlichen empathischen Aufmerksamkeit bis die neue Art des Dialoges flüssig in die Alltagssprache integriert ist.

Auch kann GFK in der Rolle des Zuhörers (d.h. Hinhörers) aktiv angewendet werden, um vom Sprecher die vier o.g. Informationen herauszufiltern und ihm durch ‚Spiegeln‘ (z.B. „fühlst Du <Y> weil dir <Z> wichtig ist?“) anzubieten, mehr Klarheit darüber zu gewinnen, was er eigentlich ausdrücken will.


Feedback – ist in eigentlich allen zwischenmenschlichen Beziehungen ein wirksames Instrument zur Verbesserung der Kommunikation und zur Vermeidung von Missverständnissen. In Anlehnung an das GFK-Grundmuster, kann einem Feedback-Empfänger, auf Wunsch, meist sehr wertvolle Information zugänglich gemacht werden:

  1. „Mir ist aufgefallen, dass …“
  2. „Ich habe dabei gedacht / gefühlt …“
  3. „Meine Reaktion war …“
  4. „Ich wünsche mir …“

Ziel ist, dass der Feedback-Empfänger etwas über sich erfährt, etwas das ihm bei seiner Entwicklung hilft, sich und sein Sein in der Welt besser zu verstehen. (Es geht nicht darum, dass der Geber etwas „erreicht“).

Je nach Kontext kann es ggf. von Bedeutung sein, bei der Anwendung des GFK-Konzeptes dessen Pervertierung (insbesondere in traditionellen hierarchischen Unternehmensstrukturen) entgegenzuwirken. Dies meint z.B. Machtausübung als indirekte Bewertung durch unangebrachtes Zelebrieren der geäußerten „Wert(ab)schätzung“, ebenso wie mittelbarer Zwang zur Reflexion/Feedback oder gar persönliche Deklassierung als ‚gewaltvoll‘ bei Ungenauigkeiten gegenüber dem Konzept.


Feedback kann ’sogar‘ auch Lob*) sein.

Tobias Katzer
  1. „Mir ist aufgefallen, dass was Du da tust, für mich sehr hilfreich ist.“
  2. „Ich habe dabei gedacht, dass ich darüber mehr wissen möchte..
  3.  ..und bin neugierig darauf geworden.“
  4. „Ich wünsche mir von dir, dass Du mir zeigst, wie ich es selbst machen kann.“

*) Lob kommt oft mit Erwartungen oder Bedingungen einher und wird gerne taktisch zur Motivationssteigerung verwendet – in jedem Fall drückt Lob ein zumindest punktuell-situatives Hierarchiegefälle zwischen Geber und Nehmer aus. Im Kontrast zum Loben steht Wertschätzung für das achtsame bedingungslose Anerkennen wertvoller Aspekte. Durch diese Form der (selbstverständlich-regelmäßigen) Bestätigung bilden und festigen sich bedingungslose Beziehungen. Im Raum für solches Miteinander entsteht oft ein Gefühl und Bewusstsein gemeinsamer Stärke auf Augenhöhe.

Klientenzentrierte Kommunikation

Das Konzept der nicht-direktiven, klientenzentrierten Kommunikation (a.k.a. „Gesprächstherapie“) nach Carl Rogers ist seit langem integrativer Bestandteil guter professioneller Gespräche.

Für Rogers ist das zentrale Merkmal, zu versuchen, dem Klienten eine klarere Sicht auf genau die für seine Problemstellung relevanten Einstellungen, Impulse, Gefühle und Gedanken und deren Akzeptanz zu verhelfen. Bedingungslose positive Wertschätzung, Empathie und Kongruenz des Coaches bildet hierfür die wirksame Grundlage. Mit diesem so gewonnenen Vertrauen kann sich der Klient neuen Handlungsoptionen öffnen.

Der Klient bleibt, selbst-ermächtigt, in seiner Verantwortung für die Lösung während der Coach durch tiefes Verstehen und Spiegeln der gewonnen Erkenntnisse dem Klienten die deutlich bewusstere Wahrnehmung und Akzeptanz zunehmend positiver Gefühle anregt.

Der Coach begleitet den Klienten mit größter Achtsamkeit bei der Lösungsfindung, hütet sich jedoch davor Ratschläge zum Inhalt oder Ablauf zu erteilen. Eine sinnvolle Einstellung ist hier ganz klar, die eines neugierigen Beobachters.

Vier-Ohren-Modell

Das „Vier-Ohren-Modell“ ist eins der ersten Kommunikationsmodelle, die ich bereits in den 1990er Jahren kennenlernen durfte. Es besticht durch die pragmatische Nützlichkeit und gehört aus meiner Sicht zu den Klassikern, die vielleicht schon in der Schule Kindern und Jugendlichen beigebracht werden sollte.

Friedemann Schulz von Thun hat das Vier-Ohren-Model (auch unter „Nachrichtenquadrat“ bekannt) 1981 zusammengestellt und unterrichtet es bis heute in seinen Seminaren. Darüber hinaus hat es durchaus eine gute Verbreitung als „Selbstläufer“ gefunden, jedoch erinnern sich nicht viele Menschen im Alltag daran, ihre Kommunikation daran anzulehnen.

Er sagt dazu: „Wenn ich als Mensch etwas von mir gebe, bin ich auf vierfache Weise wirksam. Jede meiner Äußerungen enthält, ob ich will oder nicht, vier Botschaften gleichzeitig.

Der Sprecher sendet diese Äußerungen („mit vier Schnäbeln“) auf notwendigerweise allen vier Ebenen genau wie der Zuhörer alle vier Ebenen („mit vier Ohren“) empfängt:

  1. über den Sachverhalt, über den ich informiere („Sachinformation„)
  2. über etwas was ich von mir selbst preisgebe („Selbstoffenbarung„)
  3. über das wie ich unser Miteinander sehe („Beziehung„)
  4. über das was ich beim Gesprächspartner erreichen möchte („Appell„)

Hier Missverständisse zu vermeiden ist eher eine Idealvorstellung als die Regel, da die Botschaft des jeweiligen „Schnabels“ oft auf ein unpassendes „Ohr“ trifft: z.B. „Sachinformation“ auf „Appell“ oder „Selbstoffenbarung“ auf „Beziehung“. Somit sind beide, Sprecher und Zuhörer, zuständig und verantwortlich eine gelungene Kommunikation bewusst aktiv und respektvoll zu gestalten.